Der „Heureka!“- Moment
Bei bahnbrechenden Forschungsarbeiten gibt es häufig einen Moment der Klarheit – der Moment, in dem sich zeigt, dass eine Neuentwicklung das Potenzial hat, den bisherigen Stand der Wissenschaft und Medizin zu verändern. Dieser „Heureka!“-Moment war auch der Anfang von Alnylam.
Die Gründungsmitglieder Phil Sharp und Dr. Craig Mello sprechen über RNAi
Der Wirkmechanismus von RNAi-Therapeutika
RNAi (RNA-Interferenz) ist ein natürlicher zellulärer Prozess des „Gen-Silencing“ (Gen-Stilllegung) und gilt heute als eines der vielversprechendsten Grenzgebiete der Biologie und der Arzneimittelentwicklung, auf dem rasante Fortschritte zu beobachten sind.
RNAi-Therapeutika bilden eine neue Arzneimittelklasse, die sich die natürlichen biologischen Prozesse der RNAi zunutze macht. Eine sogenannte siRNA (small interfering RNA) – das sind die Moleküle, welche die RNAi vermitteln und die im Mittelpunkt der RNAi-Therapeutika-Plattform von Alnylam stehen – wirken im Vergleich zu den heutigen Arzneimitteln auf einer vorgelagerten Ebene. Sie bewirken eine potente Stilllegung der Messenger-RNA (mRNA, auch Boten-RNA), also der genetischen Vorläufer, die für die Codierung der krankheitsverursachenden Proteine verantwortlich sind. RNAi-Therapeutika reduzieren die Produktion dieser krankheitsauslösenden Proteine und wirken bereits am Ursprung.
So wirken RNAi-Therapeutika in den Zellen
Die 5 Eckpunkte des RNAi-Therapeutika-Ansatzes
RNAi gilt heute als eines der vielversprechendsten Grenzgebiete der Biologie und der Arzneimittelentwicklung, auf dem rasante Fortschritte zu beobachten sind.
1. Nutzung eines natürlichen Signalweges: RNAi ist ein natürlicher Signalweg, der an der Regulierung der Genexpression in allen Zellen von Säugetieren beteiligt ist und durch siRNA (small interfering RNA)-Moleküle vermittelt wird. Da sie diesen natürlichen biologischen Signalweg nutzen, lassen sich RNAi-Therapeutika hochgradig selektiv konzipieren.
2. Katalytische Wirkung. Der sogenannte RISC-Komplex (RNA-Induced Silencing Complex) ist ein Enzymkomplex, der die mRNA-Stilllegung durch RNAi vermittelt; hierbei kann eine einzige siRNA eine große Zahl von Ziel-mRNAs spalten. Anders gesagt: eine siRNA hat eine katalytische Wirkung.
3. Die Fähigkeit, praktisch auf jedes Protein abzielen zu können. Im Gegensatz zu kleinen Molekülen und Antikörpern, welche die Grundlage der meisten modernen Arzneimittel bilden, können siRNAs für das mRNA-Transkript von praktisch jedem beliebigen Gen konzipiert werden.
Dies legt nahe, dass man RNAi-Therapeutika für Proteine entwickeln könnte, die nicht zu den medikamentös behandelbaren Zielklassen gehören. Außerdem können bestimmte Erkrankungen durch eine Mutation in einer Kopie des Genmaterials (eines einzigen Allels) ausgelöst werden. In diesem Fall kann sich eine spezifische siRNA gegen diese krankheitsauslösende Mutation richten, jedoch das normale Allel intakt lassen. Wir glauben, dass RNAi-Therapeutika gegen jedes beliebige Gen eines Genoms entwickelt werden können, das an der Entstehung einer Krankheit oder den krankheitsverbreitenden Signalweg beteiligt ist.
4. Die Wirkung erfolgt auf einer den heutigen Arzneimitteln vorgelagerten Ebene. Die bei uns in Entwicklung befindlichen RNAi-Therapien haben das Potential, die Produktion krankheitsverursachender Proteine zu verhindern.
Unserer Meinung nach könnte es möglich sein, mit Hilfe der RNAi krankheitsverursachende Proteine in einem konsistenten und steuerbaren Umfang auszuschalten. Die kann unabhängig von deren Konzentration in der Blutzirkulation erreicht werden mit dem Potenzial zur Krankheitskontrolle und -intervention.
5. Einfachere Entdeckung von Arzneimittelkandidaten. Wir glauben, dass RNAi die Identifikation geeigneter Arzneimittelkandidaten leichter macht. RNAi-Arzneimittelkandidaten können mit Hilfe bioinformatischer Hilfsmittel identifiziert werden, mit denen Sequenzen ausgewählt werden, die komplementär zur Ziel-mRNA sind. Der Auswahlprozess eines RNAi-basierten Arzneimittelkandidaten umfasst dann die Synthese und das Testen der siRNAs. Des Weiteren lassen sich die erfolgversprechendsten siRNA-Kandidaten so konzipieren, dass sie auf eine breite Palette von Spezies wirken; dadurch wird potenziell die Übertragung von Tiermodell-Daten auf Humanapplikationen erleichtert. Außerdem können den siRNAs durch bestimmte chemische Modifikationen „arzneimittelähnliche Eigenschaften“ verliehen werden, die ihre Stabilität im Blutkreislauf nach der Verabreichung gewährleisten. Und schließlich wurden inzwischen Ansätze für RNAi-Therapeutika entwickelt, die in bestimmten Organen ein Gen-Silencing in konsistentem Umfang ermöglichen wie z.B. im Falle der in der Leber exprimierten Gene.
Wir haben in Tierstudien im Vergleich zu klinischen Humanstudien eine Elimination der Zielproteine in einem stark korrelierenden Ausmaß beobachtet, die sich unserer Erwartung nach auf RNAi-Therapeutika von der präklinischen Forschung bis zu den klinischen Studien übertragen lassen müsste. Daher halten wir unsere RNAi-Entwicklungssubstanzen für einen hochmodularen und reproduzierbaren Ansatz der Arzneimittelforschung und –entwicklung.